So gewinnen Sie die besten Kandidaten für sich

Candidate Experience: Wie erzeugen Sie ein positives Bewerbungserlebnis? Marcus Sandberg erklärt, wie es geht

Herr Sandberg, in welchem Schritt des Bewerbungsprozesses sollte die Candidate Experience ansetzen?

Zu Beginn möchte ich kurz erläutern, was unter Candidate Experience zu verstehen ist. Hierzu zählt alles, was Bewerber im Rahmen eines Besetzungsprozesses erleben und welchen Eindruck sie hierdurch von dem suchenden Unternehmen gewinnen. Neben der wertschätzenden individuellen Kommunikation, Transparenz und Dauer des Prozesses sind es eindeutig die im Prozess eingebundenen Vertreter des Unternehmens, die das Bild des Unternehmens maßgeblich bestimmen. Um bei Bewerbern einen positiven Eindruck zu hinterlassen, sollte vor allem das Bewusstsein der involvierten Mitarbeiter in Personal- und Fachabteilung für das Thema geschärft werden. Somit setzt Candidate Experience bereits vor dem Start des eigentlichen Besetzungsprozesses an.

 

Wie erzeugen Unternehmen ein positives Bewerbungserlebnis?

Es ist hilfreich, die Sicht von Bewerbern einzunehmen und seinen Prozess hinsichtlich der Erwartungshaltung kritisch zu hinterfragen und konsequent zu gestalten. Die Darstellung des Unternehmens im Netz, die Karriere-Webseite, die Gestaltung der individuellen Stellenanzeigen, der
Bewerbungsweg bzw. das eRecruiting Portal bis hin zu den Interviews und der Kommunikation bestimmen, ob Kandidaten den Bewerbungsprozess positiv wahrnehmen. Hinweise zum strukturellen Ablauf des Bewerbungsprozesses und die Nennung von Interviewbeteiligten schaffen zum Beispiel Vertrauen. Geschätzt wird auch das aktive Einholen von Feedback beim Kandidaten. Das liefert zudem wertvolle Hinweise, wo sich das Unternehmen in der Candidate Experience noch verbessen kann. Diese simplen Maßnahmen hinterlassen einen positiven Eindruck, selbst wenn Kandidaten eine Absage erhalten.

 

Worauf sollte man in Stellenanzeigen achten?

Die Stellenanzeige muss klar und verständlich die Anforderungen der Aufgabe benennen. Zudem wünschen sich Bewerber Informationen zu Ansprechpartnern und deren Verfügbarkeit zur Kontaktaufnahme, Angaben zu möglichen Entwicklungsmöglichkeiten und Karriereoptionen. Ggf. negative Aspekte wie ein hoher Reiseanteil sollten hierbei auch nicht verschwiegen werden. Hüten sollten sich Unternehmen vor Allgemeinplätzen und schlimmer noch, Aussagen, die Erwartungen wecken, die nicht erfüllt werden können. Später im Prozess werden diese von Kandidaten mit Sicherheit aufgedeckt und führen zu ersten „Rissen“ im bis dahin gewonnen Vertrauen.

 

Welche Rolle spielt dabei der erste Eindruck?

Der erste Eindruck ist entscheidend, denn er bestimmt ob das Unternehmen oder der Kandidat das jeweilige erste Interesse am Gegenüber vertieft und in den Bewerbungsprozess tiefer einsteigen will. Das Unternehmen entscheidet hierbei auf Basis der zur Verfügung gestellten Unterlagen. Das sind in der Regel das Anschreiben oder der Lebenslauf. Beides ist quasi eine erste Arbeitsprobe; Fehlerfreiheit und korrekte Grammatik brauchen wir in diesem Zusammenhang nicht diskutieren. Entscheidend ist jedoch der Beweis, dass Kandidaten strukturieren und Inhalte dem Adressaten gemäß auf den Punkt bringen können.

 

Welche Fehler begehen Unternehmen immer wieder im Bewerbungsprozess?

Wenn das Unternehmen in einer Phase des Prozesses eine Erwartung weckt, so muss es diese Erwartung in einer späteren Phase auch erfüllen. Sonst kommt es zu einem Vertrauensbruch und damit zu einem Abbruch der Bewerbung. Um doch konkreter zu werden, da dieser Fehler sehr häufig von Bewerbern in Bezug auf den Bewerbungsprozess genannt wird: Zusagen zu Terminen oder Fristen müssen vom Unternehmen verbindlich eingehalten und der Kandidat informiert werden. Längere Fristen werden, wenn frühzeitig kommuniziert und nachvollziehbar, eher akzeptiert als ein Verstreichen einer Frist ohne Rückmeldung vom Unternehmen. Dies untergräbt das bisher gewonnene Vertrauen des Kandidaten und führt häufig zum Zurückziehen der Bewerbung.

 

Wie wichtig finden Sie das Thema individuelle Ansprache im Bewerbungsprozess?

Sehr wichtig. Kandidaten erhoffen sich eine individuelle und wertschätzende Kommunikation. Sie erwarten von Seiten des Unternehmens, dass sich diese mit ihnen als Person auseinandersetzen und bereit sind, in diese Analyse entsprechend zu investieren. Dieser Aufwand, den Unternehmen betreiben, ist für Kandidaten ein Zeichen der Wertschätzung. Aus meiner Erfahrung ist ein Verkennen dieser Tatsache ein absoluter Show-Stopper im Bewerbungsprozess und führt in der Regel zum Abbruch aus Seiten des Bewerbers. Zum Beispiel bei einer Ansprache durch einen Recruiter im Rahmen des Active Sourcing, die offenbart, dass dieser das Profil des Kandidaten nur oberflächlich analysiert hat. Aber auch Interviews mit nicht vorbereiteten Mitarbeitern – und hierzu zählt das Lesen eines Lebenslaufes – zeigen eine mangelnde Wertschätzung und führen zu einer negativen Candidate Experience.

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