Männlich, weiblich, divers…

Was ändert sich nach Einführung des dritten Geschlechts? Erfahren Sie es im Interview mit Harald Geef

Herr Geef, wie kam es zur Einführung eines weiteren Geschlechts und wofür steht es genau?

Auslöser für die neuen Formulierungen ist ein bedeutungsvolles Urteil aus dem vergangenen Oktober. Damals entschied der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts, dass es im Geburtenregister neben den Einträgen „männlich“ und „weiblich“ die Möglichkeit geben muss, ein drittes Geschlecht eintragen zu lassen. Die Intention war, die geschlechtliche Identität derjenigen zu schützen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen. Das Kürzel „d“ steht dabei für „divers“ bzw. die englischsprachige und wohl eleganter klingende Formel „diverse“. Darüber hinaus verweist der Begriff auf den Themenkreis Diversität.

 

Welche Auswirkungen hat das neue Gesetz auf Unternehmen?

Arbeitgeber dürfen eine Person gemäß § 1 AGG nicht aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität benachteiligen. Ein abgelehnter Bewerber, der sich wegen seines Geschlechts diskriminiert fühlt, kann wegen Verstoßes gegen das AGG klagen, wobei die Beweislast, nicht diskriminiert zu haben, beim Unternehmen liegt.

 

Was sollte man daher vor allem in zukünftigen Stellenanzeigen beachten?

Die geschlechtsneutrale Ausschreibung einer Stellenanzeige ist eine logische Konsequenz. Darüber hinaus sollten sämtlich Dokumente in der Kette des Rekrutierungs-, Auswahl- und Einstellungsprozesses, beispielsweise Bewerbungsformulare, Personalbögen, aber auch Stellenbeschreibungen usw. einer Anpassung unterzogen werden.

 

Wie wichtig finden Sie die neutrale Ansprache in Stellenanzeigen?

Meine Meinung zu dem Thema ist zweigeteilt. Die rein formale Umsetzung der Rechtslage bewirkt bei aller Notwendigkeit in der Regel keine Veränderung in den Köpfen. Parallel bedarf es eines kulturellen Veränderungsprozesses der sämtliche unternehmerischen Bereiche Top-down erfasst. Die Genderneutralität muss in den Köpfen und damit in der Sprache und im konkreten Handeln ankommen. Damit wird dieses Thema von der juristischen Falle zur Chance, die Arbeitgeberattraktivität zu steigern. Die umfassende Interpretation der Diversität weckt darüber hinaus Potenziale, die einen unschätzbar höheren Wert darstellen, als der reine Fokus auf Strafvermeidung bringt. Unternehmen sollten die Chance dieses Impulses nutzen.

 

Was passiert, wenn man das dritte Geschlecht nicht berücksichtigt?

Wie gesagt, es sind zum einen Strafzahlungen aus Bewerber- oder Mitarbeiterklagen möglich. Der weitaus größere Schaden entstünde jedoch daraus, eine negative Kommunikation über dieses Thema zuzulassen, anstatt die Selbstverständlichkeit im Umgang mit der Vielfalt im weiteren Sinne zu kultivieren. Das schadet auf Dauer
nachhaltig dem Image und der Attraktivität des Unternehmens und kann bei fortschreitendem Fachkräftemangel existenzbedrohliche Züge annehmen.

 

Wie gehen Sie selbst bei der Suche vor und wie können Sie Unternehmen unterstützen?

Für mich als Person ist die Ausgrenzung einzelner Bewerbergruppen nie ein Thema gewesen, auch wenn es leider immer noch Vorbehalte in unserer Gesellschaft gibt. Diese aufzulösen ist für mich stets aufs Neue einen Versuch wert. Was zählt sind Fähigkeiten, Kenntnisse und Persönlichkeit. Meine Kollegen und ich stehen unseren Kunden bei Fragen beratend zur Seite und unterstützen, wenn nötig, bei der Umsetzung der neutralen Ansprache im Unternehmen.

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